Steuererhöhungs-Tsunami, Erpressung, verfassungswidrig – das sind Schlagworte, die man von Stephan Otto, dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Koblenzer Stadtrat, hört, wenn es um die jüngste Idee der Landesregierung geht, die Städte und Gemeinden zu Steuererhöhungen zu zwingen. Deshalb hat er mit Rudolf Kalenberg einen ungewöhnlich umfangreich begründeten Antrag ausgearbeitet, um das Vorgehen der Landesregierung rechtlich prüfen zu lassen. Dem Antrag haben sich die Freien Wähler, WGS und FDP angeschlossen. In der letzten Sitzung des Stadtrates vor der Sommerpause am 21. Juli versuchte der Oberbürgermeister vergeblich, die Beauftragung eines Rechtsgutachtens abzuwenden – einstimmig und nur gegen seine Stimme wurde der Antrag angenommen. „Das ist ein ganz starkes und selbstbewusstes Signal der Stadt an die Mainzer Landesregierung, dass wir die finanzielle Gängelung der Kommunen nicht einfach hinnehmen.“, so Stephan Otto.
Und darum geht es: Die Landesregierung will zur Voraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln, insbesondere für städtebauliche Maßnahmen, machen, dass die Sätze für Grundsteuern und Gewerbesteuern mindestens so hoch sind, wie sie in dem zum 1. Januar 2023 geänderten Gesetz über den Landesfinanzausgleich festgelegt sind. Dort sind diese „Nivellierungssätze“ als Maßstab für die Verteilung aus dem Topf des Landesfinanzausgleichs anerkannt.
Das Problem: Der kommunale Landesfinanzausgleich (Schlüsselzuweisungen) und Fördermittel haben völlig andere Begründungen, Geldquellen und Ziele. Das Geld für die Städtebauförderung kommt zum großen Teil vom Bund, das Land gibt dazu – will aber regulieren und Voraussetzungen definieren, die nichts mit dem jeweiligen Förderzweck zu tun haben. Außerdem werden die Fördermittel nur aufgrund von Richtlinien eines Ministeriums, aber nicht aufgrund eines Gesetzes verteilt. Klar verfassungswidrig – so die Beurteilung des Juristen Rudolf Kalenberg. Hier sieht er sich durch erste Gespräche mit Rechtexperten auf dem Gebiet des Finanzverfassungsrechts, bestärkt.
Seine Sorge: Projekte wie die Sanierung der Südallee oder die Fördergebiete Neuendorf (Programm „Soziale Stadt“) und Rauentaler Moselbogen (Programm „Stadtumbau“) wären künftig für die Stadt Koblenz vermutlich nicht mehr möglich. Allein für den Umbau des Rauentaler Moselbogens sind bereits rund 2,8 Mio. Euro Fördergelder geflossen, und geplant ist mit noch weiteren Millionenbeträgen. Nicht anders verhält es sich mit dem Projekt Stadtgrün Lützel, wo bisher 1,3 Mio. Euro Förderung vereinnahmt wurden. Tatsächlich haben zahlreiche kleinere Gemeinden bereits Grund- und Gewerbesteuern erhöht angesichts der Drohung, sonst keine Fördergelder mehr zu erhalten. Bei vielen Gemeinderatsmitglieder hört man Resignation und Frust über die neuen Fesseln aus Mainz.
Die Stadt Koblenz wird jetzt also auf Initiative der CDU-Ratsfraktion ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, welches die Zulässigkeit der neuen Koppelung von Fördermitteln an den Finanzausgleich im Land prüft. Es soll noch im Herbst vorliegen, damit der Stadtrat bei seinen Beratungen über den städtischen Haushalt 2024 mehr Planungssicherheit hat.
Ein gewichtiges Argument gegen die Richtlinie des Landes wird dabei sein, dass die Stadt Koblenz heute im Saldo mehr Einnahmen hat, als wenn die Steuern strikt den Nivellierungssätzen entsprächen. Denn die Gewerbesteuer in Koblenz liegt mit einem Hebesatz von 420 bereits um 40 Punkte über dem Nivellierungssatz des Landesgesetzes und beschert der Stadt erhebliche Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe. Dennoch sollen Grundsteuer A und B, die unter den vom Land verlangten Sätzen liegen, erhöht werden – dies würden aber nur rund 4 Mio. Euro Mehrertrag bringen.
„Es kann nicht sein, dass wir die Grundsteuer B deutlich erhöhen sollen, obwohl die Stadt Koblenz durch große Disziplin in den letzten Jahren stabile und ausgeglichene Finanzhaushalte hat.“, so Stephan Otto. Es sei die freie Entscheidung einer Stadt, die Voraussetzungen für Zuweisungen aus dem Landesfinanzausgleich zu schaffen. Diese Freiheit gehöre zur Finanzhoheit einer Gemeinde. Die Voraussetzungen für Gelder aus der Städtebauförderung seien aber gänzlich andere – die Steuersätze in einer Stadt zählen nicht dazu, erklärt Rudolf Kalenberg.